Depression – Die verlorene Zukunft

Vor einiger Zeit kam eine Teilnehmerin (TN) zu mir in ein Einzeltraining. Sie hatte bereits 4 Jahre Psychoanalyse und diverse andere Therapien in den letzten Jahren hinter sich gebracht, doch Sie fühlte sich immer noch deprimiert.
Ich bat Sie, mir zu erzählen, warum Sie die Therapien für notwendig hielt. Es stellte sich heraus, dass Sie mit ihrem Job unzufrieden war und sich mit der Firmenpolitik zunehmend schwerer identifizieren konnte. Ihre Therapeutin hatte ihr nun daraufhin gesagt, Sie solle sich mit ihrem Vater versöhnen, denn die Kollegen, der Chef usw. seien „nichts anderes“ als Vater-Figuren und ihre berufliche Unzufriedenheit sei der Hass, den Sie gegenüber ihrem Vater hege. Vier Jahre lang hatte Sie sich nun dieser Interpretation zugewandt und wurde zunehmend verwirrter.
In unserem Einzeltraining wurde Ihr klar, dass Sie von ihrem Beruf frustriert war, den Sie auf drängen ihres Vaters aufgenommen hatte, sich im Grunde ihres Herzens aber schon immer nach einer anderen Arbeit gesehnt hatte! Verantwortlich für ihre Seelenqualen war nicht das Verhältnis zu ihrem Vater, sondern ihre Unfähigkeit, sich für eine Arbeit zu entscheiden, die Ihr „selbst“ etwas bedeutete; und nicht ihrem Vater.
Vor Kurzem habe ich von Ihr erfahren, dass es Ihr wirklich sehr gut geht, denn Sie hat ihre Lebens- bzw. Berufs-Aufgabe gefunden und wird nach der Ausbildung Ihren derzeitigen Job kündigen.
Im Gegensatz zu unserem Lebensfilm ist ein Kinofilm, der gerade fertiggestellt und abgespielt wurde, abgeschlossen. Unser Lebensfilm wird immer nur weiter „aufgenommen“, nie fertiggestellt und nie vorgeführt! Dass bedeutet, das unsere Zukunft „offen“ ist. Sie muss geformt werden und bleibt damit in unserer Verantwortung!
Unser Familiensystem ist sicherlich ein sehr bedeutender Bestimmungsfaktor unserer Individualität und Ähnlichkeit. Es zeichnet uns als Mitglied eines Systems aus, aber auch nicht mehr. Die Zukunft muss noch geformt werden und bleibt damit immer in unserer Verantwortung!

Anmerkung: In diesem Beispiel ist wunderbar zu erkennen, dass es nicht auf die Akteure (Vater) selbst ankommt, sondern auf unsere Art und Weise, wie wir damit umgehen, was uns vorgelebt wird.

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