Versprecher im Alltag – Was da alles zum Vorschwein kommt!

Wer kennt sie nicht, die Versprecher im Alltag. Am durchschlagendsten natürlich bei einem öffentlichen Auftritt, z.B. einer Rede. Je nach Brisanz des entschlüpften und entlarvenden Satzes oder Wortes reagiert erst alles verdutzt, dann schmunzelnd, vielleicht sogar Gelächter, Hohn, Spott und zynische Bemerkungen. Jetzt muss das Opfer schauen, wie es sich aus der Affäre zieht. Da zeigen sich dann Routine, aber auch „innere Größe“.
Manche merken aber nicht einmal, was ihnen das entschlüpft ist. Einige Versprecher tauchen immer wieder auf (die sollte man sich einmal genauer unter die Lupe nehmen). Und nicht wenige sind sogar in der hohen Politik angesiedelt (wo man allerdings gnadenlos auseinandergenommen wird).
Versprecher sind natürlich so alt wie die Menschheit. Aber erst der Wiener Psychoanalytiker Sigmund Freud nahm sie in seiner vor genau hundert Jahren erschienen „Psychopathologie des Alltagslebens“ wissenschaftlich unter die Lupe. Es ist sicher nicht sein wichtigstes Werk, aber – zumindest damals – sein erfolgreichstes. Und es bewahrt seinen Ruhm, denn eine solche psychologische Fehlleistung nennt man heute bekanntlich einen „Freud´schen Versprecher“.
Versprecher, so wird gerne angeführt, sind harmlose Ereignisse. Sie passieren jedem und überall. Das ist richtig. Die meisten sind kein Aufhebens wert. Aber eben nicht alle. Und vor allem nicht jene, die mit hohem Anspruch antreten – und ganz andere, nämlich „wahre“ Motive verbergen sollen („was da nicht alles zum Vorschwein kommt…“ oder: „…sollten wir pfleglicher mit einander untergehen“).
Das Charakteristische der „Freud´schen Versprecher“ ist die einfache Erkenntnis: Hier hat sich jemand verraten. Hier hat sich ein ganz schlauer selbst überlistet. Hier wollte einer nicht nur etwas verbergen (das steht jedem Menschen zu), nein, hier sollte etwas anderes formuliert werden, als der Betreffende denkt, meint, wünscht, plant.
Zum Beispiel der Eröffnungssatz des lustlosen Vorsitzenden: „Hiermit schließe ich die Sitzung“. Es ist eben auch ein Unterschied, ob man sich im Alltag verspricht, oder ob man unter öffentlichem Druck steht.
Insofern machen uns die „Freud´schen Versprecher“ besonders dann Vergnügen, wenn es „die da oben“ trifft. Zur Psychopathologie des Alltagslebens gehört eben auch die Schadenfreude. Aber Vorsicht: Niemand ist unfehlbar. Und – lieber Leser – passen Sie einmal auf: Gerade nach diesen Zeilen wird es ihnen sicher selber passieren. Denn es unterlaufen einem nicht nur mehr Fehlleistungen, wenn man unsicher ist oder etwas vertuschen will, es ist auch eine Frage des Wissens, der Kenntnisse von den psychologischen Hintergründen des Alltags. Viele Menschen merken gar nicht, was sich hier abspielt: „Seelenfrieden durch Unbedarftheit“.
Ein paar Beispiele:
– Das war wieder mal ein schöner Verbrecher
– Die reizt nicht mit ihren Geizen
– Da muss man sich ein paar Kinder anlegen
– Der kommt mir nicht unter die Lippen
– Ich will noch mal resignieren
– Der war ja ekelhart
– Reinen Tisch einschenken
– Hans Dampf in allen Tassen
– Bierisch ernst
– Da könnte ich mich pausenlos besaufen
– Die geht noch einmal um die Runde
– Nen´kleinen Stinkspruch
– Einen schönen Menschen entstellt alles
– Ich fühle mich wie abgestopft
– Ich bin fast aus allen Socken gefallen
– Ich ziehe mich zum Ankaufen schön an

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