Im Sturm des Lebens

Das kreuzen gegen den Wind wird im Segeln „lavieren“ genannt. Damit ist ein Segeln gegen den Wind gemeint. Um gegen den Wind anzukommen, müssen wir also abwechselnd nach rechts oder links steuern bzw. sich durch den Sturm manövrieren, hindurchwinden, durchschlängeln. Dieses „Segler-Latein“ kann uns auch behilflich sein, unerklärliche Verhaltensmuster, die uns das Gefühl geben, nicht vom Fleck zu kommen, besser zu verstehen und endlich zu lösen.

Wir kommen nicht als „tabula rasa“ zur Welt, sondern werden vielmehr in eine stürmische, alles entscheidende Familien-Eltern-Kind-Interaktion geboren, in der wir sicherlich wachsen können, aber auch sehr viel Leid ertragen müssen. Schnell stellt sich heraus, ob wir in einem sicheren Hafen angekommen sind, in dem wir ein positives Selbstwertgefühl gewinnen können, oder im Sturm familiärer Dauerkrisen, unberechenbaren Stimmungsumbrüchen, fehlender Feinfühligkeit und Unterstützung, häufiger Kritik, seelischen oder körperlichen Misshandlungen und vieles mehr. So kann das Leben zu einem ständigen lavieren zwischen der Angst vor Trennung auf der einen Seite und der Angst vor Vereinnahmung und dem damit verbundenen Selbstverlust auf der anderen Seite werden. Wir leben in einer Familie, in der Abhängigkeiten allgegenwärtig sind, ebenso die Angst, es sich mit den Eltern zu verderben.

Lavieren ist nicht nur ein fester Bestandteil im Segler-Latein, sondern auch Ausdruck instinktiver Gemütsbewegungen, sich gegenüber größeren Feinden diplomatisch zu verhalten, sich vorsichtig durchzuschlängeln, um letztendlich zu überleben – ohne vorherige Erziehung oder Erfahrung. Instinktiv beginnen wir vor dem „Sturm familiärer Krisen und Konflikten“ zu kreuzen bzw. zu lavieren, um unsere Bedürfnisse von Sicherheit, Zugehörigkeit und Anerkennung erfüllt zu bekommen. Wir lavieren um die heftigen Windböen herum und warten darauf, dass von anderer Seite die Lösung kommt. Die Angst, ob es heute gelingt, heil zwischen den vielen Geboten und Widersprüchen hindurch zu lavieren und eine geschützte Stelle zu finden, die ein selbstbestimmtes Ich gewährte, wird zum täglichen Begleiter.

Das Gegenstück zum Lavieren ist die Weigerung, sich angepasst und diplomatisch zu verhalten, zweifellos auch die Unlust, die allzu glatt erscheinenden familiären Rede- und Verhaltensweisen „Alles ist gut!“ zu praktizieren. Durch diverse „seelische und körperliche Drohgebärden“, wie Angststörungen, ADHS, Legasthenie, Bettnässen, versucht das Kind unbewusst die Verteidigungsmöglichkeiten der Eltern zu mindern bzw. durch eine Überlastung der Eltern zum Ziel zu kommen. Dazu muss das Kind mal von der einen Seite, mal von der anderen Seite kommen, um sein Ziel zu erreichen – ähnlich eines „Piesacken“. So wird das eigene Lavieren zum Balanceakt – mit Absturzgefahr für das Selbst.

Sicherlich wird es Sie an dieser Stelle nicht mehr verwundern, dass es diagnostisch sogar die „Larvierte Depression“ und die „Lavierte Angststörungen“ gibt. Darunter versteht man körperliche Beschwerden, wie

Beklemmungsgefühle im Hals, Druck in der Brust, Hör- und Sehstörungen, plötzlicher Haarausfall, Gelenk- und Muskelschmerzen, immer wiederkehrende Schwindel-attacken, chronische Kopfschmerzen und Migräne, Bluthochdruck, plötzlich auftretende Angststörungen und Panikattacken, Reizdarm, Magenbeschwerden, Blähungen, Verstopfung, Durchfall, Mundtrockenheit, Schweißausbrüche, alle Formen von Schlaf-störungen, Sexualstörungen, Essstörungen, Appetitmangel, Übergewicht

die jedoch keine nachweisbaren physiologischen Funktionsstörungen vorweisen. Meist werden die körperlichen Beschwerden erfolglos behandelt, weil es sich um Ängste und leidvolle Emotionen handelt, die beim alltäglichen lavieren bzw. kreuzen vor dem Sturm in den Hintergrund geraten sind. Jetzt stehen wir als Erwachsene vor einem Haufen von körperlichen Gebrechen und keiner findet die Lösung.

Jedes noch so schräge Verhalten ist der Versuch, gegen den Wind zu kreuzen bzw. zu lavieren, selbst wenn es die Gefahr des Absturzes beinhaltet. Die Überwindung des emotionalen Instinktes des Lavierens ist „der entscheidende Schritt“ auf dem Weg zur körperlichen Gesundheit und positivem Selbstwertgefühl. Oft reichen bei sogenannten „schweren“ oder „chronifizierten Krisen und Krankheiten“ kleine Impulse, um emotionale Muster zu verstören, die die Störung aufrechterhalten haben. Zögern Sie nicht, mich in einem ersten, kostenfreien Kontakt per Telefon oder E-Mail über die Möglichkeiten einer systemisch-sozialen Beratung anzusprechen!

Teile diesen Beitrag. Vielen Dank.

3 Kommentare

  1. Christl Meyer

    Die Ursache immer im eigenen Verhalten zu suchen, statt die kriminellen Machenschaften in der Gesellschaft zusammen mit mutigen Menschen aufzudecken, damit sie einer gerechten Justiz zugeführt werden können,ist ein Akt der Selbstzerstörung!

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  2. claudia

    Wie immer auf den Punkt gebracht. Danke Hans-Peter. Leider befinde ich mich mittlerweilen etwa in 50 Diagnosenen wieder. Dem Psychiater habe ich nach mehr als einem Jahr gekuendet und nun bin ich in der Bettnässphase und attakiere den , sowie den Vermieter (der mir am 30.12.17 den Fuss in die Schwelle stellte…) dem Sozialbuero, die vergessen haben den Knopf zu druecken fuer die Weihnachtszahlung (ueber Weihnachten , oh du frohliche, Chrisenzeit….) sowie einem Drogenhändler im Wohnhaus, sowie einem Hauswart, der mir das Bein stellt, wo er kann…. etc. etc. etc… so kann man sich nicht mehr auf seine *Gesndheit* kuemmern…Lärm, wo es ist. Auch Flucht habe ich probiert. Das viele Erzählen ueberall…inkl. Polizeianzeigen etc ….sowie Einsprachefristen, die laufen..(IV Abbescheid, ohne Anhörung…) machen mich heiser und verletzt…und traurig und hilflos und einsam….
    Es ist zum Haaroelseichen. Woher ich diee Kraft bekomme ist mir klar…aber wieviel Energie das ganze Spiel raubt, das muss ich ja hier nicht mehr schreiben…
    Ich gruesse Dich freundlich, Claudia

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  3. lea weber

    sehr gut, danke!

    Toller Beitrag!

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