Die vagale Bremse # Vagus-Bremse

Das „vagal“ in der Polyvagal-Theorie bezieht sich auf den 10. Hirnnerv Vagus, der seinen Ursprung im Hirnstamm (Reptiliengehirn, Stammhirn) hat, durch den gesamten Körper verläuft und auf seinem Weg alle wichtigen Organe beeinflusst. Obwohl der Vagus-Nerv als ein Nerv betrachtet wird, sind alle Hirnnerven paarig. So auch der Vagus-Nerv, der seinen Ursprung einmal in der linken und einmal in der rechten Hirnhälfte hat. Der rechtsseitige Vagus-Nerv ist mit dem Herzen verbunden und bildet die sogenannte vagale Bremse.

Die Aufgabe der vagalen Bremse besteht darin, einen Teil der mobi­lisierenden Energie, die das sympathische Nervensystem zur Ver­fügung stellt, spürbar und nutzbar zu machen, ohne in den Überlebensmodus von Kampf- oder Flucht-Reaktionen hineingezogen zu werden. Wenn sich die Vagalbremse ein wenig löst, können wir unmittelbar eine positive Energie spüren. Wenn sie wieder angezogen wird, spüren wir die mobilisierende Energie des Sympathikus

Die vagale Bremse führt also vom Hirnstamm zum Sinusknoten – dem Schrittmacher des Herzens – und kann den Herzschlag ver­langsamen und ihn auf eine gesunde Anzahl von Schlägen pro Minute (zwischen sechzig und achtzig) herunterregulieren. Ohne diesen steuernden Einfluss würde das Herz gefährlich schnell schlagen.  Daher der Name Vagalbremse.Wie alle hochleistungsfähigen Brems­systeme ist die Vagalbremse imstande, die Herzfrequenz sowohl zu verlangsamen als auch zu beschleunigen und das jeweils richtige Maß an Energie bereitzustellen, das uns befähigt, das Leben von Augenblick zu Augenblick zu bewältigen.

Die Vagalbremse reguliert darüber hinaus auch unseren Atem­rhythmus. Mit jedem Atemzyklus lenkt sie ihn nach einem sub­tilen Muster, einem permanenten Wechsel zwischen Lösen und Anziehen der Bremse. Mit jeder Einatmung wird die Vagalbremse leicht gelöst und die Herzfrequenz erhöht; mit jeder Ausatmung wird sie wieder angezogen und die Herzfrequenz abgesenkt.

Sobald sich die Vagalbremse zu lockern beginnt, haben wir Zugang zu einer Reihe von Reaktionsmöglichkeiten, die uns ein reguliertes ventral-vagales System bietet, zum Beispiel das Ge­fühl zu haben, in einer Tätigkeit voll aufzugehen, Freude, Aufre­gung und Leidenschaft zu empfinden, verspielt, aufmerksam, wachsam und achtsam zu sein.

Ohne die Vagalbremse verlie­ren wir unseren Anker in der Sicherheit und Verbundenheit, wir geraten in den Schutzzustand des Kampf-oder-Flucht-Verhaltens. Experimentieren Sie mit dem Lösen der Vagalbremse herauszufinden, wo sich der Kipppunkt befindet.

Einfache Übungen zur Aktivierung des Vagus

  • Kaltes Duschen: Wenn Du Dich regelmäßig niedrigen Temperaturen aussetzt, kannst Du Deinen sympathischen „Kampf- oder Fluchtreflex“ verringern und außerdem Dein parasympathisches Aktivitätslevel durch den Vagus steigern. Kaltes duschen löst die Vagalbremse! Ich dusche deswegen öfters kalt – oder mache zumindest Wechselduschen – und gehe mit leichter Bekleidung raus in die Kälte. Versuche bei Deiner nächsten Dusche am Ende mal, wenigstens 30 Sekunden lang kalt zu Duschen und schau wie es Dir dabei geht. Anschließend kannst Du nach und nach die Intervalle ausdehnen und versuchen, immer häufiger und länger kalt zu Duschen, um Deinen Vagus immer mehr zu trainieren.
  • Langsames und tiefes Atmen ist eine weitere Methode, mit der Du Deinen Vagus ganz einfach selbst aktivieren kannst. Tiefes einatmen löst die Vagalbremse! Diese Methode verringert depressive Verstimmungen und Angstzustände und erhöht die Aktivität im parasympathischen Nervensystem, indem der Vagus aktiviert wird. Die meisten Menschen nehmen pro Minute etwa 10 bis 14 Atemzüge. Ungefähr 6 Atemzüge im Laufe einer Minute zu nehmen ist eine gute Methode, um Stress abzubauen. Atme dafür tief in den Bauch – mit Hilfe Deines Zwerchfells. Die Zwerchfellatmung erkennst Du daran,  dass sich Dein Bauch ausdehnt dabei auf nach außen wölbt. Deine Ausatmung sollte sowohl lang als auch langsam sein. Das ist das Wichtigste bei der Stimulation des Vagus durch die Atmung.
  • Omega-3-Fettsäuren sind essentielle Fettsäuren, die Dein Körper nicht selbst herstellen kann. Sie kommen überwiegend in Fisch vor und sind notwendig, damit das Gehirn und Nervensystem optimal funktionieren können. Außerdem wirken sie entzündungshemmend. Sie helfen Menschen laut aktueller Forschung auch dabei, bestimmte Süchte und den Verlust kognitiver Funktionen zu bekämpfen. Darüber hinaus hat die Forschung auch entdeckt, dass Omega-3-Fettsäuren den vagalen Tonus und die Aktivität des Vagus bedeutend erhöhen können.

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